Mediengalerie 2010
Das siebente Future Business Austria Infrastruktursymposium fand am 3. November 2010 im ehrwürdigen Ambiente der Wiener Industriellenvereinigung statt. Rund 400 Teilnehmer nutzten das jährliche Gipfeltreffen der heimischen Infrastrukturbranche, um in sechs Diskussionspanels über die Perspektiven einer langfristigen Infrastruktur-strategie für Österreich zu debattieren.
Angelika Ahrens, MAS, ORF, führte die Gäste dabei charmant durch den Tag. Außerdem wurde der aktuelle FBA Infrastrukturreport 2011 der Öffentlichkeit präsentiert und der „Branchenoscar“ Red Arrow in der Kategorie IKT an BMVIT-Spitzenbeamten, Dr. Alfred Stratil, und in der Kategorie Verkehr an die FlugsicherungAustro Control und ihre beiden Vorstandsdirektoren Dr. Heinz Sommerbauer und
Mag. Johann Zemsky verliehen.
Panel I „Der Wirtschaftstandort Österreich im Jahr 2030“
David Ungar-Klein, der Initiator von Future Business Austria, stellte die Frage, was schon heute für die Standortqualität Österreichs im Jahr 2030 getan werden muss.Univ.-Prof. Dr. Bernhard Felderer, Institut für Höhere Studien in Wien, eröffnete daraufhin die Diskussion mit den Worten: „Österreich hat viele Vorteile: Die Industrie ist sehr wettbewerbsfähig, der Arbeitsmarkt ist flexibel und die Arbeitsstunden sind sehr produktiv. Allerdings braucht es eine neue Forschungs- und Hochschulpolitik.“
Dipl.-Ing. Dr. Georg Pölzl, Österreichische Post AG, unterstrich, dass neben einer modernen Infrastruktur, auch das Humankapital mittels einer aktiven Bildungs- und Migrationspolitik gestärkt werden muss. „Die Straßen sind attraktiv und die Industrie siedelt sich an – die Frage ist nur, ob wir das auf Dauer finanzieren können“, ergänzteDipl.-Ing. Alexander Walcher, ASFINAG Bau Management GmbH. Er plädierte für überregionale Konzepte, um bei Investitionen zu sparen.
Für KommR. Ing. Mag. Helmut Miksits, Wiener Stadtwerke Holding AG, hingegen sind erneuerbare Energien der Schlüssel zu einer erfolgreichen Zukunft: „Im Bereich Energie ist Österreich ein sehr attraktives Land, vor allem durch die Wasserkraft“, so Miksits.Dipl.-Ing. Walter Goldenits, A1 Telekom Austria, ergänzte: „Auf der Mobilfunkseite ist Österreich Spitzenreiter! Es gibt eine Top-Versorgung.“
„Auch der ORF kann in Österreich auf einer guten Medieninfrastruktur aufbauen“, zeigte sich Dr. Alexander Wrabetz, ORF, überzeugt und wies gleichzeitig auf große Herausforderungen durch die Digitalisierung hin.
Abschließend forderte Dipl.-Ing. Michael Salzmann, HOCHTIEF Construction Austria, Strategien für Straße und Schiene, den Ausbau des Flughafens Wien und eine Bündelung der Infrastruktur-Kompetenzen in der Bundespolitik.
Panel II „Die Zukunft der Energieversorgung“
Wie sieht die Energieversorgung von morgen zwischen Klimaschutz, globalem Standortwettbewerb und Versorgungssicherheit wirklich aus? Dieser Frage ging die prominente Runde unter der Moderation von Ing. Mag. Peter Koren, Industriellenvereinigung, nach. Gleich zu Beginn lieferte Dr. Alfred Maier, BMWFJ, ein Plädoyer für den Netzausbau: „Die Liberalisierung ist abhängig vom Ausbau der Netze! Ein Sprung bei der Liberalisierung kann nur durch den Bau neuer Netze passieren.“
„Alle Maßnahmen in Österreich müssen in ein europäisches Feld eingebettet sein – es braucht auch neue Speicherkapazitäten“, ergänzte Dipl.-Ing. Dr. Peter Bauhofer, Tiroler Wasserkraft AG. Dieser Forderung nach einer Verstärkung der Netze schloss sichMag. Johannes Mayer, Energie-Control GmbH, an: „Zusätzlich müssen wir uns aber auch überlegen, wie wir die Endkundenmärkte gestalten.“ Mag. Robert Grüneis, Wien Energie GmbH, erhob die lokale Energieproduktion zur obersten Maxime: „Am besten man erzeugt Strom dort wo er verbraucht wird!“ Als Kerngeschäft eines kommunalen Energieversorgers empfahl Grüneis außerdem eine effiziente Energieberatung.
Geeignete Rahmenbedingungen für den Ausbau der Wasserkraft forderte vehementGünter Dörflinger, MBA, Christof Holding AG: „Gesetze müssen exekutierbar sein, sonst schießt man sich ins eigene Knie!“ Auch Mag. Thomas Karall, VERBUND-Austrian Power Grid AG, zweifelte daran, dass der ehrgeizige Netzausbau gelingt, wenn nicht massive Anstrengungen der Politik erfolgen. Dr. Hans Kronberger, Bundesverband Photovoltaic Austria, wies darauf hin, dass 60 Prozent des Energiebedarfs Europas vom Ausland gedeckt wird und damit enorme Gelder in die Lieferländer abfließen. „Mein Gedanke ist, dass wir das Äquivalent jeder Energie, die wir verbrauchen auch produzieren – das ist aus ökologischen und aus ökonomischen Gründen sinnvoll“, so Kronberger.
Panel III „Verkehrskonzepte der Zukunft“
Das Podium unter der Moderation von Helmut-Klaus Schimany, MAS, MSc, ATTC–Austrian Traffic Telematics Cluster, wurde von Dr. Ferdinand Maier, Verkehrssprecher der ÖVP, eröffnet. Er startete eine kontroverse Diskussion mit seiner Kritik am mangelnden europäischen Denken in der heimischen Verkehrsplanung: „Wir haben heute noch Defizite Richtung Osten.“ Dem hielt Ing. Gottfried Schuster, Schieneninfrastruktur-Dienstleistungsgesellschaft mbH, für den Bahnbereich entgegen:„Bei der von der EU geplanten Donauachse sind wir gut aufgestellt, allerdings haben Tschechien und andere osteuropäische Länder Finanzierungsprobleme.“
Im Flugverkehr wird es durch den technischen Fortschritt in der nächsten Dekade zu radikalen Umbrüchen kommen. In dieser Beziehung waren sich die beiden Branchenexperten Prof.-hon. KommR. Mario Rehulka, Österreichischer Luftfahrtverband und Mag. Johann Zemsky, Austro Control GmbH, einig. „Flughäfen müssen zu Multihubs der Intermodalität ausgebaut werden. Dann können wir auch Kurzstreckenflüge durch intelligente Bahnverbindungen ersetzen“, so Rehulka. „Der gut ausgebaute öffentliche Nahverkehr ist ein wesentlicher Mitgrund, warum Wien im internationalen Städtevergleichen so gut abschneidet“ zeigte sich Dipl.-Ing. Günter Steinbauer,
Wiener Linien GmbH & Co KG, stolz auf sein Unternehmen.
Einen kritischen Standpunkt nahm hingegen em. o. Univ. Prof. Hermann Knoflacher, Technische Universität Wien, ein: „Viele der bekannten Verkehrsinfrastrukturen passen nicht mehr ins 21. Jahrhundert. Wir werden weniger und teurere Energie zur Verfügung haben – wir brauchen deshalb langsamere und effiziente Systeme.“ Auch Dipl.-Ing. Martin Blum, Verkehrsclub Österreich, vermisste schmerzlich Visionen in der Verkehrsplanung: „Wir investieren Milliarden in Verkehrsinfrastruktur, aber haben keine Vision, wie die Mobilität der Zukunft aussehen soll. Das ist eine planlose Fortschreibung einmal eingeschlagener Wege.“
Panel IV „Zielnetz 2025 – Welche Infrastruktur braucht die Bahn?“
Moderator Dr. Roland Falb, Roland Berger Strategy Consultants, übergab das Wort anIng. Mag. (FH) Andreas Matthä, ÖBB-Infrastruktur AG, der das Zielnetz 2025 als den Masterplan der ÖBB für das Bahnnetz des 21. Jahrhunderts vorstellte. Ing. Mag. (FH) Matthä eröffnete dann auch die Debatte, indem er erklärte: „Es beginnt jetzt der dritte große Zyklus des Eisenbahnsystems – die letzte Planung in vergleichbarer Dimension ist zu Zeiten der Monarchie passiert. Es geht um die Verknüpfung von Hochleistungs-strecken mit Nahverkehrsverbindungen und um die Vertaktung dieses Systems. Wir sprechen von einem Quantensprung im öffentlichen Verkehr“, so Matthä.
„Ich höre diese Parolen seit Jahren, allein es fehlt mir der Glaube“, entgegnete
Prof. Dr. Sebastian Kummer, Wirtschaftsuniversität Wien, um gleich darauf die hohen Baukosten der ÖBB-Neubauprojekte zu kritisieren: „Man legt insgesamt zu viel Augenmerk auf den Streckenneubau. Es ist meine Befürchtung, dass das ganze Geld verbuddelt wird!“ Ing. Mag. (FH) Matthä erwiderte daraufhin, dass mehr als die Hälfte der Mittel des Zielnetz 2025 in das Bestandsnetz fließen.
Mag. Dr. Gabriela Moser, Die Grünen, erhob die Forderung nach einer flächen-deckenden LKW-Maut, auch im niedrigrangigen Straßennetz: „Die Straße kannibalisiert die Schiene seit der Zeit der Monarchie – wir können uns beide Systeme nicht leisten.“Mag. Günter Thumser, Henkel Central Eastern Europe GmbH, kritisierte als Kunde und Nutzer der ÖBB, dass die Transport- und Lagerkosten heute höher seien als die Produktionskosten während für Dipl.-Ing. Theresia Vogel, Klima- und Energiefonds, die Integration von E-Mobility in das Verkehrssystem das bestimmende Thema der nächsten Jahre sein wird. Mag. Dr. Moser schloss die Debatte mit der Forderung nach einem Generalverkehrsplan: „Dieser Plan soll auf der Metaebene klar aufteilen welchen Verkehr wir auf der Straße und auf der Schiene haben wollen – und dann geht’s um die Verknüpfungen, die sind derzeit das eigentliche Problem.“
Panel V „Infrastruktur braucht Forschung – Forschung braucht Infrastruktur“
Der Moderator Dipl.-Ing. Martin Kugler, Die Presse, lieferte das Eröffnungsstatement, indem er hervorhob, dass die Infrastruktur immer komplexer wird und höhere Ansprüche hat. Dipl.-Ing. Anton Plimon, Austrian Institute of Technology, schloss sich dieser Feststellung an und hob die Themenbereiche Medizin und Energie als besonders zukunftsträchtig hervor. „Der österreichische Markt ist klein und gesättigt und deswegen braucht man viele Vernetzungen innerhalb des Landes“, ergänzte
Mag. Edeltraud Stiftinger, Siemens AG Österreich.
Mag. Andreas Reichhardt, BMVIT, unterstrich, dass Infrastruktur ohne eine Forschungsstrategie nicht funktionieren wird: „Der Schlüssel für F&E und somit für eine langfristige Wettbewerbsfähigkeit ist eine nachhaltige Infrastruktur in Verkehr, Gesundheit und Energie.“ o. Univ.-Prof. Christoph Kratky, FWF, kritisierte, dass die angewandte Forschung gegenüber der Grundlagenforschung weniger Fördergelder erhält. Dem widersprach em. o. Univ.-Prof Dr. Helmut Denk, FRC path., ÖAW: „Ich schätze diese Trennung nicht. Die beiden Bereiche befruchten sich gegenseitig und sollten eng zusammenarbeiten.“
„Die Universitäten und die Industrie müssen für wirtschaftlichen Erfolg zusammen-geführt werden. Wir brauchen Nachwuchs in den naturwissenschaftlichen Studien“, soMag. Andreas Reichhardt. Worauf MinR. Univ.-Doz. Dr. Günther Burkert-Dottolo, BMWF, entgegenhielt: „Genau das haben wir ja in den letzten Jahren forciert. Nehmen wir als Beispiel die erfolgreiche Zusammenarbeit der Uni Graz mit Magna.“
Panel VI „IKT als Metainfrastruktur“
In den kommenden 20 Jahren werden Informations- und Kommunikationstechnologien alle anderen Infrastrukturbereiche Schritt für Schritt durchdringen und damit intelligente und ressourcensparende Lösungen ermöglichen. „IKT ist die Meta-Infrastruktur der Zukunft“, mit diesen Worten eröffnete Dr. Kurt Einzinger, Eigentümer von Netelligenz und Netvisual und Vizepräsident ISPA Austria, das Panel.
Ing. Dietmar Appeltauer, Nokia Siemens Networks Österreich GmbH, betonte zu Beginn, dass „es im IKT-Bereich nicht nur um Internetanschlüsse, sondern auch darum geht, wie wir bestehende Infrastrukturen besser aufeinander abstimmen und verbinden können.“ Mag. Harald Himmer, Alcatel-Lucent Austria lobte die kürzlich erfolgten Frequenz-vergaben als wichtigen Schritt für die Mobilfunkindustrie: „Jetzt ist es wichtig, dass diese Frequenzen bald zugeordnet werden“, so Himmer.
„Ich breche eine Lanze für Österreich. Wir haben hier eine Erfolgsstory etwa beim mobilen Breitband – auch im internationalen Vergleich. 2007 gab es erst 500.000 mobile Anschlüsse, heute hat sich diese Zahl verdreifacht und die Preise sind um 30 Prozent gesunken“, lobte Dr. Po-Wen Liu, Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH, die heimische IKT-Branche. Armin Sumesgutner, A1 Telekom Austria, war davon nicht überzeugt: „Die Zahlen schauen in Österreich vordergründig gut aus, aber Vorsicht: Von der Fibreflut sind wir Meilenweit entfernt. Wir haben nicht genug Breitbandanschlüsse. Insgesamt gibt es heute nur ein Prozent hochbitratige Anschlüsse in Österreich.“
Christian Rupp, Bundeskanzleramt, wies darauf hin, dass der Planungshorizont in der IKT-Branche sehr kurz ist: „Alle drei bis fünf Jahre gibt es neue Technologien“, um gleich fortzusetzen: „Es fehlt uns eine Landkarte: Wo sind die großen Industrien, Infrastrukturen und vor allem Krankenhäuser und wie können wir die mit hohen Übertragungsgeschwindigkeiten bedienen?“ Alfred Harl, CMC, Fachverband UBIT, WKO, schloss die Diskussion, indem er herausstrich, dass keine wissensbasierte Gesellschaft ohne Infrastrukturen realisierbar ist.